Zauber der Stimme
Pavol Breslik im Prinzregententheater
München – Mit so langem und begeistertem Beifall hatte Pavol Breslik – an der Staatsoper seit Jahren für zahlreichen Auftritte in Mozart- und Donizetti-Partien geliebt – wohl bei seinem ersten Liederabend nicht gerechnet. Also gab es nach Bellinis berückendem ‚Vaga luna‘ für die vierte Zugabe im Prinzregententheater keine Klaviernoten. Der 32-jährige musste das böhmische Lied ‚vom vergifteten Apfel der Liebe, den ein Mädel seinem Jungen nicht geben will‘ ganz ohne Begleitung singen! Welch schöner, berührend natürlicher Abschluss eines Abends, an dem der slowakische Tenor zuerst an der Seite von Amir Katz am Flügel mit Dvoráks ‚Cigánské melodie‘ auf Tschechisch dank seines Temperaments wie einer berückenden Intensität und Schönheit des Singens bezauberte. ‚Wer auch im Schmerz noch singen kann, der lebt; nicht wird sein Lied vergehen‘, heißt es im dritten der Zigeunerlieder; und wie da ganz fein gesponnene Klavierfäden die Singstimme umwebten, war einer von vielen wunderbaren Momenten an diesem Abend.
Danach Franz Liszts Petrarca-Sonette, und auch hier überzeugte die große Emotionalität, mit der Breslik jede Phrase modellierte, diese Unbedingtheit des Singens und Gestaltens, die Leuchtkraft einer edel timbrierten Stimme, nicht zuletzt in der Höhe. Dazu ein Pianist wie Amir Katz, der den Sänger mit einer großartigen Verhaltenheit stützte, die nie bloßes Begleiten war, sondern auch den Nachspielen eine zwingende Bedeutung gab, ohne je groß aufzutrumpfen.
Robert Schumanns ‚Dichterliebe‘ war der sattsam bekannte Prüfstein. Aber für eine halbe Stunde hatte man alle Aufnahmen, alle Live-Erlebnisse mit diesem Zyklus vergessen, so bezwingend war die Einheit zwischen Singen und Klavierspiel, das zugleich weich fließend und von farbig gesetzten Akzenten durchpulst war. Fast makellos das Deutsch und die Artikulation Bresliks, mehr noch, der leichte slawische Akzent war nie störend, sondern eine besondere, charmante Farbe. Zurückhaltung bot jetzt auch Breslik, bevor mit zunehmender Verdüsterung der Lieder der Schmelz seines lyrischen Tenors den Heine-Text weit in den Raum trug: ‚Ach könnt“ ich dorthin kommen, und dort mein Herz erfreu“n, und aller Qual entnommen und frei und selig sein.‘ Bewegender kann man das Zauberreich der (Todes-)Nacht nicht herbeisehnen.
Klaus Kalchschmid