24 August 2009

Ruhr Nachrichten, Kritik von Julia Gaß

Lieder ohne Worte, aber mit viel Brillanz

Als poetischer Pianist mit virtuoser Technik hat das Publikum Amir Katz kennen und schätzen gelernt. Gut in Erinnerung ist noch sein Abend mit Mendelssohns ‚ Liedern ohne Worte‘ im vergangenen Jahr. Zum 200. Geburtstag des Komponisten in diesem Jahr hat Amir Katz nun alle 48 ‚ Lieder ohne Worte‘ auf einer Doppel CD bei ‚ Live Classics‘ eingespielt. Ein Opus Magnum, das die kleinen Charakterstücke, die meist nur als Zugaben gespielt werden, zyklisch dokumentiert. Erschienen sind die ‚ Lieder ohne Worte‘ in acht Sammlungen mit acht Opus Zahlen und je sechs Werken. Komponiert hat Mendelssohn sie zwischen seinem 20. und 36. Lebensjahr. Die Entwicklung von Werkgruppe zu Werkgruppe macht Katz sehr schön deutlich. Mit einem klaren Anschlag, aber viel romantischer Tiefe, spielt er das Opus 19, bringt die Miniaturen zum Leuchten und Glitzern und lässt noch ein wenig ‚ Sturm und Drang‘ aufblitzen. Immer romantischer, immer dichter, immer gefühlvoller wird Katz‘ Liederreise durch Mendelssohns Leben, in denen er auch in den Tempi variantenreich ans Werk geht. Auch den Chopinschen Salon und Lisztschen Übermut streift er in den späteren Werken, präsentiert koboldhafte Tänze auf den Tasten, zeigt Mendelssohns Seelenverwandtsschaft zu Schumann und ist am Schluss, im Opus 102, das Mendelssohn zwei Jahre vor seinem Tod vollendet hat, in einer ganz anderen, hochromantischen Klangwelt angekommen. Katz‘ große Gabe, Melodien auf dem Klavier zu singen, die Klangfantasie, mit der er Musik in schillernde Farben hüllt, seine technische Brillanz und Gefühlstiefe machen ihn zu einem idealen Interpreten für die reizvollen, kleinen Werke.

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